Das Posthaus von Holzdorf (1851 - 1939)
Bundesarchiv
1848 war ein bedeutendes Jahr für Holzdorf und die umliegenden Ortschaften. Mit der Inbetriebnahme der durch die Berlin-Anhaltischen Eisenbahngesellschaft neu erbauten Bahnstrecke Jüterbog - Röderau (Riesa) erhielt der Bahnhof Holzdorf 1848 ein königliches Postamt (ab 1850 Postexpedition), welches zunächst im Bahnhofsgebäude angesiedelt war.
Bahnhof Holzdorf (Elster) vor der Erweiterung | Die zuständige Königliche Oberpostdirektion in Merseburg war mit der Unterbringungssituation der Postexpedition unzufrieden. Es gab keine geeignete Alternative in der Nähe des Bahnhofes. Der Bahnhof lag damals mitten in der Landschaft, nicht wie heute direkt im Dorf. Das alte Holzdorf reichte in den Anfangsjahren nicht einmal an die Gleise. Die einzige Nachbarschaft bestand aus der Wassermühle. Später kamen noch das Gut Hintzenstern (1860) und das Gut Mönchenhöfe (1862) hinzu.
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Diese angespannte Situation änderte sich ab dem Jahr 1852. Der Postexpediteur Reitzenstein aus Annaburg erhielt im April 1852 einen Vorschuss von 1.000 Talern von der königlichen Oberpostdirektion Merseburg zum Bau eines Hauses in der Nähe des Bahnhofes. 1853 wurde das Gebäude fertiggestellt und durch den Postexpediteur Reitzenstein aus Annaburg an die Postverwaltung für 100 Taler jährlich vermietet.
Im einstöckig ausgeführten Haus wurden für den Postdienstbetrieb zwei zweifenstrige Zimmer als Expeditionslokal und Passagierstube und ein einfenstriges Zimmer als Packkammer genutzt. Die übrigen Räumlichkeiten wurden dem verheirateten Vorsteher als Dienstwohnung für 16 Taler Jahresmiete zugewiesen.
Mietvertrag zwischen der Oberpostdirektion und der Berlin-Anhaltischen Eisenbahngesellschaft (Bahnhofsgebäude) von 1852 - Bundesarchiv
Bereits im selben Jahr musste eine weitere Baumaßnahme realisiert werden. Während des Dienstbetriebes stellte man fest, dass der ca. 160 Fuß lange Weg zwischen dem Postdienstlokal und dem Bahnsteig vom sandigen Untergrund her nicht geeignet war, den Paketwagen mit nur einer Arbeitskraft zu bewegen. Eine zweite Arbeitskraft wollte man sich für diese Tätigkeit nicht leisten und entschied sich daher, eine gepflasterte Fahrbahn nebst Rampe zwischen Bahnsteig und Posthaus herzustellen. Die Kosten für die Postverwaltung beliefen sich auf 56 Taler.
Zwölf Jahre nach seiner Errichtung erwies sich das Posthaus als unzureichend und entsprach nicht mehr den wachsenden Bedürfnissen und Anforderungen. Der Verkehr hatte sich mehr als verdoppelt und die Sortier- und Versandarbeiten mussten teilweise außerhalb des Gebäudes ausgeführt werden, man hatte anscheinend nicht mit einem so rasanten Wachstum des Postverkehrs aufgrund der neuen Eisenbahnlinie gerechnet.
Im Oktober 1864 beantragte die Oberpostdirektion in Halle für den Posthalter und Eigentümer des Posthauses in Holzdorf Reitzenstein beim Königlichen Generalpostamt in Berlin einen zinsfreien Vorschuss von 500 Reichsmark zur Erweiterung des Gebäudes. Der zinsfreie Vorschuss wurde genehmigt und im Jahre 1865 erfolgte die Aufstockung des Posthauses. Die bisherigen Räume (Schaltervorraum, Dienstzimmer, Wohnzimmer, Packkammer, eine drei Räume umfassende Unterbeamtenwohnung) standen nun dem Poststellenbetrieb vollständig zur Verfügung. Im Obergeschoss befand sich die Dienstwohnung des Postverwalters (3 Stuben, 3 Kammern, 1 Küche).
Aufnahme aus dem Jahr 1920
1878 starb der Posthalter Franz Reitzenstein. Das Posthaus ging über die Witwe letztendlich 1883 an den Sohn, den Gutsbesitzer Reitzenstein aus Annaburg, über. In den darauf folgenden Jahren gab es keine großen baulichen Veränderungen.
1914/15 erhielt das Posthaus eine elektrische Beleuchtung. Die nächste große Änderung in der Geschichte des Hauses ereignete sich 1919, als der amtierende Postverwalter Fischer für 10.000 Mark das Postgrundstück kaufte.
Seit dem Jahr der Erbauung war das Haus ununterbrochen an die Postverwaltung vermietet. Der ständige Publikumsverkehr, die ganze Postlogistik, die ein Postamt so mit sich bringt, wirkten sich natürlich auch auf das Haus aus. Kleinere und größere kostspielige Instandsetzungsarbeiten waren nicht zu vermeiden. 1922 war eine solche nicht weiter hinauszuzögern, das Treppenhaus, insbesondere die Treppe, war in einem desolaten Zustand.
Bereits im Juni 1921 hat Fischer für die Instandsetzung des Treppenhauses, das sich schon versackt hatte und einzustürzen drohte, weil nach Feststellung des Postbaurats die unteren Holzteile der Fachwerkswände verfault waren, 2.963 Mark aufwenden müssen. Die Kosten für eine weitere Instandsetzung summierten sich auf 3.500 Mark.
Obwohl Postmeister Fischer ein annehmbares Gehalt von 51.260 Mark zuzüglich Miete bezog, schmälerten die anfallenden Steuern, Lasten, laufenden Instandsetzungskosten, die Unterhaltskosten für seinen jüngsten Sohn und die anhaltende Teuerung sein Gehalt. Für die Oberpostdirektion in Halle war Fischer in einer präkeren Lage und unterstützte seinen Antrag auf einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 3.500 Mark. Das Reichspostministerium folgte dem Ansinnen und gab die beantragte Summe frei.
1924 wurde das Postamt Holzdorf in eine Agentur umgewandelt. Die Tochter des Postmeisters a.D. Fischer, Erna Getzschmann, welche vorher als Postgehilfin im Postamt arbeitete, übernahm die Agentur. Die Verantwortung für die Postversorgung und das Posthaus blieben weiterhin in familiärer Hand. Mit der Umwandlung der Postagentur in ein Zweigpostamt (Unterstellung unter das Postamt Falkenberg) im Jahre 1939 übernahm der Ehemann der Erna Getzschmann die Leitung des neuen Zweigpostamtes. Otto Getzschmann wurde als Postschaffner in das Beamtenverhältnis übernommen. Mit dem Tag der Umwandlung in das neue Zweigpostamt schließen sich die Akten des Reichspostamtes und der Reichspostdirektion Leipzig.
Quellen:
Bundesarchiv R4701/38853, 38863
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Bearbeitungsstand: 28.11.2025 (Version 1.0)
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